Die andere Seite von Allem

» Mit Witz und Esprit plĂ€diert der Film fĂŒr eine politische Kultur, die sich Diskursen ĂŒber gesellschaftliche WidersprĂŒche nicht verweigert. «
Filmdienst

Die Geschichte

„Wenn ich tatsĂ€chlich eine FreiheitskĂ€mpferin bin, ist die Freiheit, die ich gewonnen habe, gleichzeitig das grĂ¶ĂŸtes Scheitern meines Lebens.“ Srbijanka Turajlić

Eine Familie wird nach dem 2.Weltkrieg von Titos Kommunisten enteignet und ihre Wohnung in Belgrad aufgeteilt.

Die TĂŒr, die 70 Jahre verschlossen blieb, bildet den Ausgangspunkt einer familiĂ€ren, politischen und historischen Chronik. Es handelt sich um die Familie der Regisseurin, verkörpert von ihrer charismatischen Mutter Srbijanka Turajlić, einer ehemaligen Mathematik-Professorin und wichtigen Figur des Widerstands gegen das Milosević Regime in den 1990er-Jahren.

WĂ€hrend sich die Familie immer wieder auf ihr jugoslawisches Erbe zurĂŒckbesinnt, rufen VolkszĂ€hlungen ethnische Zugehörigkeiten auf den Plan. Wenn die Freund*innen heute zum Abendessen kommen, klingeln sie immer noch dreimal – wie in alten Zeiten, als dies der Code war, dass es nicht der Geheimdienst ist, der vor der TĂŒr steht. Srbijankas Tochter Mila beginnt Fragen zu stellen, die Kamera immer bereit.

Die zugleich tiefsinnigen und amĂŒsanten GesprĂ€che der beiden Frauen bieten einen Einblick in die bewegte Geschichte eines Landes mit ihren UmbrĂŒchen und politischen VerĂ€nderungen. Oft ist von bĂŒrgerlichem Engagement und der Verantwortung die Rede, die jede Generation trĂ€gt – die Verantwortung der Protagonistinnen, aber auch die der Zuschauer.

 

 

 


Inhalt

DIE ANDERE SEITE VON ALLEM erzĂ€hlt von einer enteigneten und aufgeteilten Wohnung im Zentrum von Belgrad und dem Leben der Familie darin. Mila Turajlićs Urgroßvater baute das GebĂ€ude in den 1920er Jahren, als er Justizminister des Königreichs Jugoslawien war. Nach dem Zweiten Weltkrieg verstaatlichten die Kommunisten das Haus. Sie teilten die Wohnung in Wohneinheiten fĂŒr vier Familien und verschlossen dabei die TĂŒren im Wohnzimmer.

Die GesprĂ€che der Regisseurin mit ihrer Mutter Srbijanka sind der rote Faden durch den Film. Obwohl Mila kaum im Bild ist, hören wir ihre Stimme und ihre Fragen werden zu einer Art Gegengewicht im Film. Die GesprĂ€che filmte Mila in vielen Alltagssituationen: wĂ€hrend Srbijanka ihre Haushaltsaufgaben erledigt, wenn sie einen Kuchen backt oder das Familiensilber putzt, wie eine Hausfrau und Mutter. Die Kamera betrachtet diese FamilienerbstĂŒcke und Objekte, die ĂŒber Generationen weitergegeben wurden.

Srbijanka Turajlić, Professorin fĂŒr Mathematik, wurde als eine kritische Stimme gegen das Regime von Slobodan MiloĆĄević wĂ€hrend der Jugoslawienkriege der 1990er Jahre zu einer Person öffentlichen Interesses. Sie war ein aktives Mitglied der Widerstandsbewegung und wurde von der UniversitĂ€t Belgrad wegen ihrer Direktheit entlassen. Durch die Revolution, die das MiloĆĄević-Regime stĂŒrzte, wurde sie StaatssekretĂ€rin in der ersten demokratischen Regierung. Die Vergangenheit wird mit RĂŒckblenden aus Momenten, an die sich Srbijanka erinnert, rekonstruiert und bietet einen persönlichen Kommentar zu sieben Jahrzehnten turbulenter Geschichte. Nur sparsam nutzt die Regisseurin Archivmaterial aus den 90er Jahren mit verstörenden Bildern der Balkankriege. Stattdessen konzentriert sie sich auf die Stimmen der Vernunft, die zum Teil bis heute ungehört und ungesehen blieben. Denn wĂ€hrend der MiloĆĄević- Jahre verschwanden die meisten dieser Bilder. Die Archivrecherche brachte viele Dokumente aus persönlichen VHS-Sammlungen zutage und damit Bilder, die nicht erlaubt und seitdem verborgen waren. Diese zeigen, dass es in jedem Stadium des wachsenden Nationalismus, beim Ausbruch des Krieges, bei der brutalen Niederschlagung des Regimes und sogar in der grĂ¶ĂŸten Euphorie der Revolution immer auch Stimmen der Vernunft gab. Leute, die sich meldeten, die jedoch in der Hysterie ĂŒbertönt wurden.

WÀhrend sich die GesprÀche weiterentwickeln, gibt es zwischen Mutter und Tochter Meinungsverschiedenheiten, unterschiedliche Erinnerungen an Ereignisse, Dinge, bei denen Srbijanka es bevorzugt hÀtte, wenn Mila sie nicht danach gefragt hÀtte.

Durch Milas Beobachtungen ihrer Mutter, des tĂ€glichen Kommens und Gehens in der Wohnung, bei Familienfesten und in den Ferien, sammelte sie persönliche Geschichten von Tragödien und Freuden im Wechsel der Jahreszeiten. Die Vergangenheit wird mit RĂŒckblenden aus Momenten, an die sich Srbijanka erinnert, rekonstruiert und bietet einen persönlichen Kommentar zu sieben Jahrzehnten turbulenter Geschichte aus denen die Geschichte einer Nation hervorgeht.

Dann scheint sich die Geschichte zu wiederholen. Srbijanka wird im Fernsehen von der Nationalistischen Partei als „Serbenhasserin“ neben 30 anderen bezichtigt. Sie wird vor Gericht in Belgrad geladen.

 

 


Pressestimmen

„Mila Turajlić erzĂ€hlt eine persönliche Geschichte mit universeller Botschaft. Niemand weiß, wie ein Krieg beginnt, besonders sein BĂŒrgerkrieg, bis er beginnt. DIE ANDERE SEITE VON ALLEM ist ein packender, intimer, persönlicher Film. Das Schicksal der Serben ist aus westlichen Medien verschwunden, dabei verbindet uns viel mehr, als wir auf den ersten Blick sehen. DafĂŒr mĂŒssen wir eine TĂŒr öffnen, so wie Milas Mutter am Anfang des Films. DIE ANDERE SEITE VON ALLEM: ein kleines Meisterwerk.“

hr Info

 

„Die andere Seite von allem“ ist zum einen Femmage an die bedeutende WiderstandskĂ€mpferin und Intellektuelle Srbijanka Turajlić, zum anderen ein Weckruf fĂŒr die immer wiederkehrende, schmerzliche Wiederholbarkeit der Geschichte und dem daraus resultierendem Zwang zu politischem Handeln. Dies gewinnt vor allem angesichts des gegenwĂ€rtigen Rechtsrucks in ganz Europa zunehmend an AktualitĂ€t.“

AVIVA-Tipp

„Die Regisseurin markiert einen Raum generationsĂŒbergreifender feministischer SolidaritĂ€t“

TAZ

„Auch hier weist DIE ANDERE SEITE VON ALLEM ĂŒber die Familien- und Landesgeschichte hinaus und macht die Wiederholbarkeit der Geschichte und den Zwang zu politischem Handeln angesichts des Rechtsrucks in Europa deutlich.“

INDIEKINOS

Preis des AuswĂ€rtigen Amtes fĂŒr kulturelle Vielfalt 2018 GO EAST


„Der Preis geht an den Film, der eine zutiefst persönliche Geschichte zeigt, die vom Land beeinflusst wird, aber es auch beeinflusst. Der Film gibt einen einzigartigen Einblick in das Leben einer starken Frau, die gegen den Strom schwimmt. Er macht auf ein wichtiges Thema von heute aufmerksam: die FragilitĂ€t und Verwundbarkeit der Demokratie.“

Regiesseurin Mila Turajlić

„Ich bin 1979 geboren und war ein Jahr alt als Tito starb.
Als Milosevic an die Macht kam, war ich 11 Jahre alt, dann begann der Krieg im ehemaligen Jugoslawien und endete als ich 16 Jahre wurde.
Mit 20 bombardierte uns die NATO, mit 21 wurden wir Milosevic endgĂŒltig los, mit 24 Jahren wurde unser Premierminister umgebracht und heute mit 37 Jahren möchte ich von meiner Heimat Serbien aus einem sehr persönlichen Blickwinkel erzĂ€hlen.
Von einem sehr konkreten Ausgangspunkt – dem Ort an dem ich lebe.
Weil ich das große GlĂŒck hatte, in Serbien mit einer Frau aufzuwachsen, die sich verantwortlich fĂŒhlte fĂŒr ihr Land, verantwortlich aufzustehen und ĂŒber das, was in unserem Land passierte zu reden und entsprechend zu handeln. Weil meine Mutter und ich die gleiche Sprache sprechen, wenn es um Politik geht. Sie war eine StudentenfĂŒhrerin in 1968 – ich in den 90ern.
Weil meine Familie eine Anlaufstelle und Heimat fĂŒr intellektuelle Diskussionen war, Aktivisten treffen sich hier oder Menschen suchten einfach nur Zuflucht vor dem ganzen Wahnsinn der damaligen Zeit.
Weil unser Zuhause im Zentrum Belgrads liegt – und wegen dem, was heute in Serbien passiert.
Denn, um so mehr ich auf die verschlossene TĂŒr in unserem Wohnzimmer starrte, die ich mein ganzes Leben vor Augen hatte, um so klarer wurde mir, dass man vieles ĂŒber Serbien verstehen kann, wenn man ĂŒber getrennte RĂ€ume spricht. RĂ€ume zwischen denen, die die Vergangenheit neu schreiben wollen und denen, die sie anerkennen wollen. Es war auch eine Möglichkeit das Leben meiner Mutter zu verstehen, ihre Versuche, BrĂŒcken ĂŒber die trennenden GrĂ€ben in unserem Land zu bauen.
Mit der Zeit wuchs in mir das GefĂŒhl, dass der persönliche Impuls der fĂŒr unser Handeln ausschlaggebend ist, nicht inspiriert wird von hochtrabenden Idealen wie Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit. Es sind die kleinen Dinge, die einen hohen persönlichen Stellenwert besitzen.
Wir handeln, um das Wichtigste in unserem Leben zu schĂŒtzen: unsere Familie, die Weihnachten zusammen kommt, unsere Nachbarn mit denen man aufgewachsen ist, die BĂ€ume vor dem Haus. Unsere Wurzeln denen wir uns verbunden fĂŒhlen.
Als BĂŒrger haben wir den gewöhnlichen, externen Zugang zu Geschichten ĂŒber den politischen Kampf. Proteste finden im öffentlichen Raum statt und die Demonstrationen in den Straßen und die inspirierenden Reden sind eine Gruppenerfahrung.
Ich musste einen Film darĂŒber machen, und wie es ist, als Tochter einer sehr exponierten politischen Aktivistin und Professorin aufzuwachsen, wobei der private Dialog zwischen meiner Mutter und mir die erzĂ€hlerische Leitlinie sein sollte. Ich wollte zum Herzen des bĂŒrgerlichen Aktivismus vordringen, zum Engagement als intime Handlung und eine persönliche Rechenschaft“

 

Festivals

Vorauswahl  EuropÀischen Filmpreis 2018
LUX FILM PRIZE 2018 − Official Competition
WINNER IDFA AWARD for Best Feature-Length Documentary 2017
GoEast – 2018 Festival des Mittel- und OsteuropĂ€ischen Films: Award of the Federal Foreign Office for Cultural Diversity GOEAST
Objectif d’or Winner of International Competition MILLENIUM FILM FESTIVAL 2018
Fipresci Jury Award , Golden Stamp for Best Film in Regional Competition & HT Audience Award  ZAGREBDOX 2018
Special mention if! ISTANBUL INTERNATIONAL INDEPENDENT FILM FESTIVAL Love & Change
Best Serbian Documentary 2017 FIPRESCI Serbia
Special Jury Mention  & Best Cinematography in a Documentary Film SEEfest LA
Republic Of Turkey, Ministry Of Culture & Tourism Special Prize TRT International Documentary Days
Special Mention – Amnesty International Award MILLENNIUM DOCS AGAINST GRAVITY FILM FESTIVAL
One World Romania 11 AwardInternational Human Rights & Documentary Festival
Special Jury Award &  Editing Award, SALEM FILM FEST
Best Editing Award & Best Sound Design Award BELGRADE DOCUMENTARY AND SHORT FILM FESTIVAL
Best Director Award RIVER RUN FILM FESTIVAL
Balkan Florence Bridges Award BALKAN FLORENCE EXPRESS
Best Documentary 36Âș FESTIVAL CINEMATOGRÁFICO INTERNACIONAL DEL URUGUAY Human Rights Cinema Competition
Special mention FIFDH International Film Festival and Forum on Human Rights

Crew

Regie & Kamera Mila Turajlić
Schnitt Sylvie Gadmer, Alexandra Milovanović
Musik Jonathan Morali
Produzentinnen Mila Turajlić und Carine Chichkowsky
Executive Producer Iva Plemić Divjak
Artistic Producer Hanka Kastelicova, HBO
Produktion Dribbeling Pictures SE, Survivance FR
Associate Producers HBO Europe und WDR/ARTE
Gefördert von Serbian Film Center, Aide Aux Cinemas Du Monde, Eurimages, Doha Filminstitute
Verleihförderung Hessen Film und Medien
UnterstĂŒtzung von Stiftung Frauen in Europa, Gerda-Weiler-Stiftung e.V., Heinrich-Böll- Stiftung Hessen, Bremen, Leipzig
Mit Srbijanka Turajlić u.v.a.

Technische Daten

LĂ€nge 104 Minuten
Produktionsland Serbien, Frankreich, Qatar
Produktionsjahr 2017
Format DCP, Farbe, 1:1.8
Ton Dolby Digital
Originalsprachen Serbisch
Sprachfassungen OmU

Pressematerial

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